Schulimpulse

Werteorientierung in der Grundschule


Vom Sehen zum Verstehen: Das Schätzen ab Klassenstufe 1 entwickeln
Interview mit Marion Gutzmann
Das Zahlenbüchlein: Geschichten und Merksprüche zu den Ziffern 0 bis 9
Du bist, wo du sitzt – Eine Frage der Sitzordnung
Zeitreisen: Zeitformen im integrativen Deutschunterricht
Individuelles Schreiben – kreative Schreibprozesse anregen und fördern
Wortschatzarbeit – Schleichdiktate im integrativen Deutschunterricht
Fibonacci-Zahlenfolgen als Übungsformat

Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule umfasst neben der Vermittlung konkreter Inhalte und der Entwicklung von Kompetenzen den Aufbau von Wertvorstellung. Um welche Werte es sich dabei genau handelt, ist in den Verfassungen der Bundesländer verankert.

Beispiel: Verfassung des Freistaates Sachsen

→ Artikel 101: Grundsätze der Erziehung und Bildung

  • Ehrfurcht vor allem Lebendigen
  • Nächstenliebe
  • Frieden
  • Erhaltung der Umwelt
  • Heimatliebe
  • sittliches und politisches Verantwortungsbewusstsein
  • Gerechtigkeit
  • Achtung vor der Überzeugung des anderen
  • berufliches Können
  • soziales Handeln
  • freiheitlich-demokratische Haltung

Diese finden eine Konkretisierung in den Lehrplänen.

Am Beispiel des sächsischen Lehrplans für Grundschulen in der Fassung von 2019 heißt es etwa:

  • „Die Schüler entwickeln eigene Wertvorstellungen, indem sie Werte im schulischen Alltag erleben, reflektieren und diskutieren. Dazu gehören insbesondere Erfahrungen der Toleranz, der Akzeptanz, der Anerkennung und der Wertschätzung im Umgang mit Vielfalt.“
  • „In der Grundschule erleben die Schüler Regeln und Normen des sozialen Miteinanders. Sie lernen dabei verlässlich zu handeln, Verantwortung zu übernehmen, mit Kritik umzugehen sowie Konflikte gewaltfrei zu lösen.“
  • „Ausgehend von der eigenen Lebenswelt, einschließlich ihrer Erfahrungen mit der Vielfalt und Einzigartigkeit der Natur, setzen sich die Schüler zunehmend mit lokalen, regionalen und globalen Entwicklungen auseinander. Dabei lernen sie, Auswirkungen von Entscheidungen auf das eigene Leben, das Leben anderer Menschen, die Umwelt und die Wirtschaft zu erkennen und zu bewerten. Sie sind zunehmend in der Lage, sich bewusst für Nachhaltigkeit einzusetzen und gestaltend daran mitzuwirken.“

Ziel der schulischen Werteerziehung ist es, auf ein gelingendes Miteinander in einer demokratischen und vielfältigen Gesellschaft zu orientieren. Dabei zeigt sich Schule als Gesellschaft „im Kleinen“ in ihrer gesamten Heterogenität aus Herkunft, kultureller Identität, religiöser Sozialisation, Alter, Geschlecht, familiärer und sozioökonomischer Hintergründe uvm.

Je älter die Schüler sind, um so bewusster findet die Auseinandersetzung mit eigenen, anderen und gemeinsamen Wertvorstellungen statt. Erst wenn die Vielfalt der Mitschüler in der Klassen- und Schulgemeinschaft nicht nur wahrgenommen wird, sondern ihr aktiv und interessiert begegnet wird, können sich gegenseitige Wertschätzung und Toleranz entwickeln.

siehe auch:

Wertschätzung im Schulalltag erleben

Wenn Werte, Rituale und Traditionen in einen (be)wertungsfreien Vergleich münden, findet ein Austausch auf Augenhöhe statt, der gegenseitiges Interesse, Respekt und Wertschätzung zeigt. Einen ergiebigen Zugang dazu bietet die Sprache: Das tägliche Ritual des Begrüßens und Verabschiedens vor dem Hintergrund der sprachlichen Vielfalt in einer Klasse sowie der Sprachen der Welt verbindet Werteorientierung mit fachlichen und überfachlichen Zielen der Schule und regt Sprachbetrachtungen an (vgl. → Zahlenrätsel).

BegrüßungVerabschiedungSprache
Guten MorgenAuf Wiedersehendeutsch
[Sabah al kheir][Salam]arabisch
Dobro jutroDoviđenjakroatisch
[Dobroye utro][do svydányya]russisch
chao buoi sangtam bietvietnamesisch
BuongiornoArrivederciitalienisch
Jó reggeltViszontlátásraungarisch
[Ohayō][Sayōnara]japanisch
buenos diasadiosspanisch
[dobroho ranku][do pobachennya]ukrainisch

Zu einem wertebasierten Miteinander im Schulalltag gehört auch die gemeinsame Interaktion der Lernenden. Dabei lernen die Kinder vom Rollenvorbild der Lehrperson, sich wertschätzend auszudrücken sowie Kritik angemessen zu formulieren, auszuhalten und annehmen zu können. Die Schülerinnen und Schüler werden durch Wortkarten angeregt, sich ebenfalls wertschätzend auszudrücken:

Impulse für wertschätzende Rückmeldungen im Unterricht 

  • Ich möchte dich loben für …
  • Mir gefällt an dir, dass …
  • Ich finde toll, dass wir …
  • Heute habe ich von dir … gelernt.
  • Danke für deine Hilfe bei …
  • Ich würde mich freuen, wenn du beim nächsten Mal …
  • Ich würde gern noch … von dir wissen.
  • Deine Arbeit (Plakat …) gefällt mir, weil …
  • Du hast mir mit … eine Freude gemacht.


Auf das Potenzial von Fremd- und Mehrsprachigkeit sowie kultureller Vielfalt für Wertebildung im Lern-, Sozial- und Lebensraum Schule gehen Judith Köhler und Andreas Grajek in ihrem Beitrag „Bei uns ist das genauso – nur anders …“ im Grundschulmagazin 03/2021 („Werte schätzen – Werte leben“) ein. Neben dem Zusammenwirken von Schule und Elternhaus bei der Vermittlung von Werten nimmt der Artikel Gelingensfaktoren für die Werteorientierung im Schulalltag in den Blick und zeigt Möglichkeiten auf, Vielfalt erlebbar zu machen.

Im Artikel „Zuhören ist mehr als leise sein“ (Grundschulmagazin 01/2021 zum Thema „Ich hör‘ dir zu“) richten wir den Fokus auf das Entwickeln einer wertschätzenden Gesprächskultur, wobei verstehendes Zuhören sowie adressaten- und situationsbezogenes Sprechen von Anfang an eine Einheit bilden.


Judith Köhler und Andreas Grajek

Letzte Aktualisierung: 3. November 2022