Schulimpulse

Sprachsensibler Unterricht mit Dingsda-Box und Teekesselchen


Vom Sehen zum Verstehen: Das Schätzen ab Klassenstufe 1 entwickeln
Interview mit Marion Gutzmann
Das Zahlenbüchlein: Geschichten und Merksprüche zu den Ziffern 0 bis 9
Du bist, wo du sitzt – Eine Frage der Sitzordnung
Zeitreisen: Zeitformen im integrativen Deutschunterricht
Individuelles Schreiben – kreative Schreibprozesse anregen und fördern
Wortschatzarbeit – Schleichdiktate im integrativen Deutschunterricht
Fibonacci-Zahlenfolgen als Übungsformat

Schulische Sprachbildung ist grundlegend für den Aufbau von Fach- und Bildungssprache, um allen Kindern im Sinne der Chancengerechtigkeit Bildungserfolg und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Sprachförderung ist für alle am Bildungsprozess Beteiligte eine umfassende Aufgabe, die weit über den DaZ-Unterricht hinausgeht. Ein sprachsensibler Unterricht im Klassenverband ist somit unbedingt erforderlich.

Sensibel mit Sprache umgehen

Sprachsensibler Unterricht zielt nicht nur auf die Förderung von deutschlernenden Kindern ab, sondern unterstützt die sprachliche Entwicklung aller Kinder im Sinne des Förderns und Forderns.

Um das aktive Nachfragen bei Verständnisschwierigkeiten zu fördern, braucht es eine vertrauens- und verständnisvolle Umgebung, in der die Schülerinnen und Schüler ihre Fragen stellen können.

Die Frage der Kinder „Was bedeutet …?“ muss dabei nicht immer die Lehrkraft beantworten. Vielmehr sollte die Klasse aktiv beim Erklären und Beschreiben eingebunden werden. Vielfach können Kinder untereinander Begriffe oder Aufgabenstellungen mit wenigen Worten sehr genau und verständlich erklären. Kooperation und Kommunikation ist somit für den sprachsensiblen Unterricht von zentraler Bedeutung.

Sichtwortschatz erarbeiten

Im sprachsensiblen Unterricht ist es hilfreich, gemeinsam mit der Klasse bei der Einführung eines neuen Themas den benötigten Wortschatz zu erarbeiten. Die zentralen Begriffe werden in der Folge gut sichtbar im Klassenraum ausgehängt und sind somit für die Kinder schnell und sicher verfügbar. Im Verlaufe der Unterrichtssequenz sollten die Schülerinnen und Schüler immer wieder die Möglichkeit haben, die erarbeiteten Wörter zu wiederholen, beispielsweise durch kurze mündliche Präsentationen. Der thematisch angepasste Sichtwortschatz zielt auf den Aufbau von Fachbegriffen ab und legt damit eine wichtige Grundlage für den Aufbau von Fach- und Bildungssprache in den nächsten Schuljahren.

siehe auch

Interkulturelle Bildung und Erziehung
Werteorientierung in der Grundschule
Gezieltes Zuhören und bewusstes Sprechen als Schlüssel für einen mündigen Sprachgebrauch
Mediennutzung im (Sach-)Unterricht der Grundschule
Interviews zur Inklusion: ein Thema - drei Ansichten

Idee: Die „Dingsda-Box“
Die Dingsda-Box im sprachsensiblen Unterricht mit Tieren.

In einem Karton sind verschiedene Gegenstände (oder Wortkarten) zu einem bestimmten Thema versteckt. Ein Kind darf sich einen Gegenstand aussuchen und erklärt ihn vor der Klasse, indem es mit den Worten beginnt:

Mein Dingsda ist / hat / kann …

Weiß ein Kind den gesuchten Begriff, meldet es sich und darf die von der Lehrkraft vorbereitete dazugehörige Wortkarte an die Tafel hängen. Das nächste Kind wird gewählt und darf einen weiteren Gegenstand beschreiben. 

Die Dingsda-Box kann für Einführungen oder Wiederholungen aller Themen in allen Fächern genutzt werden. Auch thematisch unabhängige Wörter können in der Box liegen und von Kindern erklärt werden.

Die „Dingsda-Box“ eignet sich für Vertretungsstunden, als Konzentrationsübung zum Beginn, als Spiel am Stundenende oder als Auflockerung zwischendurch. Die Spielregeln können ebenfalls je nach Klassenstufe angepasst werden (z.B. „Erkläre in einem einzigen Satz“).

Thematische „Dingsda-Boxen“ können sein:
  • Klassenstufe 1:
    Schulsachen, Tiere, Weihnachten, Kleidung
  • Klassenstufe 2:
    Bäume und Früchte, Obst und Gemüse, Haustiere und Heimtiere
  • Klassenstufe 3:
    Geometrische Begriffe, Kartoffel und Getreide, Landkarten
  • Klassenstufe 4:
    Wald, Verkehrszeichen, Weltreligionen

siehe auch

Komplexe Leistung: Sommerferien
Kreatives Schreiben - Wolkengeschichten
In der Zahlenrätsel-Werkstatt: Zahlenrätsel verfassen und lösen
Zahlenplakate

Über Sprache sprechen

Zu einem sprachsensiblen Unterricht gehört auch, miteinander über Sprache zu sprechen. Kinder zeigen in der Regel ein großes Interesse an der eigenen und an fremden Sprachen. Indem das Wissen über Sprachen, Schriftzeichen und Geschichten aus anderen Ländern aufgebaut wird, können Schülerinnen und Schüler interkulturelle Kompetenzen entwickeln. In diesem Zusammenhang kann es zum Beispiel zu einem täglichen Ritual werden, sich in verschiedenen Sprachen zu begrüßen oder zu verabschieden. Weiterhin können gemeinsam Wörter in verschiedenen Sprachen verglichen werden und die Herkunftssprachen der Kinder der Klasse einbezogen werden.

Der Deutschunterricht bietet ebenfalls viele Möglichkeiten, mit der Klasse über Sprachen ins Gespräch zu kommen. Dabei können zum Beispiel einzelne Dialekte des Deutschen untersucht oder über sprachliche Besonderheiten des Deutschen nachgedacht werden.

Idee „Teekesselchen“ (Klasse 3/4)
Teekesselchen (Wörter mit doppelter Bedeutung) für das Wort Maus: Der Begriff „Maus“ steht für die Computermaus und das Tier.

Eine ebenfalls leicht umzusetzende Idee ist das altbekannte Spiel „Teekesselchen“. Dabei werden Gegenstände mit einer doppelten Wortbedeutung erklärt, die die Klasse erraten muss. Wenn das Spiel neu eingeführt wird, sollte die Lehrkraft zunächst die Begriffe selbst erklären, z.B.

„Mein Teekessel-Wort ist eine Frucht, die man essen kann. Man braucht es auch, damit die Lampe hell leuchtet.“

Antwort: Die Birne

Sobald die Klasse das Prinzip der doppelten Wortbedeutung erkannt hat, werden die Kinder eigene „Wortentdeckungen“ machen. Die Wörter der Kinder können in einem Teekessel oder einer Teekanne gesammelt werden.

Beispiele für Teekesselchen-Wörter mit doppelter Bedeutung:
  • Nuss (Frucht – schwierige Aufgabe – Kopf)
  • Pony (Tier – Frisur)
  • Schloss (Türschluss – Gebäude)
  • Bein (Körperteil – Tischbein)
  • Eselsohr (Ohr des Esels – Ecke im Schulheft)
  • Feder (Füllerfeder – Vogelfeder)
  • Schlange (Tier – Warteschlange)
  • Löffel (Besteck – Hasenohr)
  • Spiegel (Spiegel zum Anschauen – Hinterteil vom Reh)
  • Zopf (Frisur – Mohnzopf)
  • Hahn (Wasserhahn – Tier)
  • Blume (Pflanze – Hasenschwanz)
  • Maus (Tier – PC-Maus)
  • Bank (Geldhaus – Sitzgelegenheit)

Zahlreiche weitere Beispiele kommen in den Sinn, wenn man erst einmal richtig im „Teekessel“-Spielefieber ist.

siehe auch

Erarbeitung des M mit der Buchstabenkiste
Erarbeitung des M: Mama Maus mag Dinge mit M
Wetter, Thermometer und Wetterprotokoll
Der Gestaltungstag – eine Form individuellen Lernens

Weiterführende Literatur und Quellen:

Gutzmann, Marion (Hg.): Sprachen und Kulturen. Beiträge zur Reform der Grundschule. Bd. 146. Frankfurt am Main. Grundschulverband 2018.

Köhler, Judith; Grajek, Andreas: „Bei uns ist das genauso – nur anders.“ In: Grundschulmagazin 3 2021 (Werte schätzen – Werte leben). Friedrich Verlag.


Judith Köhler

Letzte Aktualisierung: 20. Juli 2023